100 Prozent Merino

Von wegen „Ice, Ice, baby!“

Warmes Wintervergnügen in reinem Merino – Frank Selter, Gründer von Kaipara und Merino-Purist, im Gespräch

Kommt der Schnee? Und wenn ja, wieviel? – Während sich am Alpenrand regelmäßig schon im Oktober die erste nennenswerte weiße Schicht zum bunten Herbstlaub gesellt, beginnt das große Fragen um die Winterprognose im Flachland und in den Mittelgebirgen meist erst ein paar Wochen später. – Egal, ob Schnee oder einfach „nur“ Kälte: Klug ist, wer vorsorgt und im Winter einmal mehr ein paar Gedanken an die optimale Kleidung verschwendet. So steht einem langen Tag in der Natur nichts im Weg.

Worauf achtest du bei deiner Winterkleidung besonders, wenn du dich draußen aufhältst?

Eigentlich nur auf eins: Ich nutze das Zwiebelprinzip. Das ist so genial wie einfach. Dazu ziehe ich mehrere Schichten übereinander an. Zwischen den Schichten entstehen Luftpolster oder -schichten, die wärmend wirken. Also: besser mehrere dünnere Schichten übereinander als eine dicke.

Und alles ist aus Merino?

Bei mir schon. Zumindest, was die Unterwäsche und die erste Schicht angeht, ganz oben drauf kommt dann bei Bedarf noch der Wetterschutz, also eine Soft- oder Hardshell. Was am besten ist, muss aber sicher jeder für sich selbst testen. Das wichtigste ist, das genau richtige Bekleidungsmaß zu finden. Wer sich draußen bewegt, ist mit dem Zwiebelprinzip gut beraten, denn sowie der Kreislauf in Schwung kommt, können die oberen Schichten abgelegt werden. Wenn’s mehr als nur ein Spaziergang wird, ist’s deshalb immer sinnvoll, einen (kleinen) Rucksack dabei zu haben.

Apropos Rucksack. Wie sieht das mit Packlisten für Winter-Unternehmungen aus?

Gerade für weniger Erfahrene lohnt es sicher, mal einen ausführlichen Blick auf eine Packliste zu werfen. Und zwar vor jeder Tour. Denn schnell ist mal was vergessen. – Ganz blöd wär’s, wenn das die wärmenden Handschuhe oder die Mütze sind. Aber auch Packlisten sind variabel und können nur zur Orientierung dienen. Am Berg sieht man’s besonders gut: Während sich der eine noch eine Schicht drüber zieht, wenn er höher kommt, steht der andere im T-Shirt da. Meine Empfehlung: Im Zweifel lieber eine Schicht mehr mitnehmen. Im Laufe der Zeit wächst aber die Erfahrung und man kann individuell auch was weglassen.

Noch mal zurück zum Merino. Oftmals liest man ja, dass die Unterwäsche am besten aus Funktionsmaterial wie Polyester bestehen sollte. Wie stehst du dazu?

Auch Merinowolle ist ein Funktionsmaterial, eben das aus der Natur. Ein sehr leistungsstarkes noch dazu. Die Wirkungsweise der Funktionalität von Merinowolle und Kunstfaser geht natürlich weit auseinander. Im Gegensatz zur Kunstfaser, die keine oder kaum Feuchtigkeit speichert, sondern diese sofort nach außen transportiert, speichert Merinowolle bis zu einem Drittel des Eigengewichtes und gibt die Feuchtigkeit dann langsam an die oberen Schichten ab. Hier scheiden sich jetzt die Geister darüber, was faktisch besser ist. Da wir alle Individuen sind, hat natürlich jeder für sich damit Recht und richtig falsch ist eigentlich nur eins: Direkt auf der Haut ein Baumwollunterhemd zu tragen. Das saugt sich einfach nur voll, sowie man schwitzt. Und leitet gar nichts ab. Stattdessen braucht’s hier eine Schicht, die trocken und warm hält.

Und wenn’s dann doch zu warm und meine Merino-Kleidung feucht wird?

Klar, angenehm ist das nicht. Und so weit es geht, sollte man das vermeiden. Aber hier kommt einer der großen Vorteile von Merinowolle ins Spiel, den ich grad schon ansprach: Sie kann rund ein Drittel ihres Eigengewichts an Feuchtigkeit aufnehmen. Dadurch wirkt sie, selbst wenn sie feucht oder gar nass ist, immer noch wärmend. Solange man sich bewegt ist das erst recht kein Problem. Aber vor allem für Berg-Enthusiasten und, salopp gesagt, Viel-Schwitzer ist’s natürlich clever, für die Gipfelpause noch ein Shirt zum Wechseln oder Drüberziehen im Rucksack zu haben.

Immer mehr Hersteller von Merino-Bekleidung gehen dazu über, geringe synthetische Anteile beizumischen. Wie stehst du selbst dazu?

Das ist sicher eine Geschmackssache. Ganz klar ist: Durch das Beimischen von Synthetikfasern umgeht man einen viel diskutierten Nachteil von Merinowolle, bei dem es letztlich um Fragen der Belastbarkeit geht. Viele Hersteller bieten das unter der Bezeichnung „Core-Spun“ an. Hier wird das Merinogarn mit Kunstfaser umwickelt; das Material ist belastbarer. – Grundsätzlich sicher ein guter, plausibler Grund, Elasthan oder Polyester zu nutzen. Wir bei Kaipara sind da nun ein wenig die Puristen und planen auch zukünftig keine Beimischung. Das ist einerseits unserer persönlichen Vorliebe geschuldet. Andererseits muss man auch sagen: Das Beimischen ist letztlich auch ein kleiner Kunstgriff, um von der reinen Merinowolle wegzukommen, die sich durch die Dollarstärke der letzten Jahre massiv verteuert hat.

Auch in Kundengesprächen zeigt sich immer wieder: Es gibt ganz klar viele Fans von Merinowolle, für die aus unterschiedlichsten Gründen nur das reine Naturprodukt in Frage kommt. Das Gefühl, dass sie in ein hochwertiges und hochfunktionales Naturprodukt schlichtweg keine billig zu produzierende Kunstfaser gemischt haben wollen, schwingt da oft mit. Da wir ohnehin ein Nischenanbieter sind, steht uns 100 Prozent Merino gut zu Gesicht.

Stichwort Weihnachten: Da sind’s bei dem einen oder anderen sicher die unvermeidbaren Socken. Könnt ihr bei Kaipara damit dienen?  

Socken? Die haben wir tatsächlich seit kurzer Zeit. Die Strümpfe werden bei Veith gefertigt. Das Allgäuer Familienunternehmen hat mehr als 60 Jahre Erfahrung im hochwertigen Verarbeiten von Merinosocken, weshalb wir hier gerne, anstatt selbst zu produzieren, auf ihre Produkte zurückgreifen.

Na ja, und wem die Socken zu sehr nach einem „Verlegenheitsgeschenk“ klingen, für den kommt vielleicht ein anderes neues Accessoires in Frage: Unsere Merino Beanies. Die gibt’s in zwei Qualitäten – 150er und 200er Merino – und in insgesamt fünf Farben. Aber ganz ehrlich: Egal ob zu Weihnachten oder wann anders: Im Zweifelsfall lieber einen Gutschein schenken und den Beschenkten selbst wählen lassen. Denn ganz gleich, ob von uns oder einem anderen Hersteller – Merinowolle ist als Ausgangsmaterial doch viel zu hochwertig, um sie „falsch“ zu kaufen und sie dann im schlimmsten Fall nicht zu nutzen.

Was meinst du, wo wird in diesem Winter deine Merinokleidung zum Einsatz kommen?

Zu meiner Schande muss ich gestehen: Soweit habe ich noch gar nicht wirklich gedacht. Wir waren in diesem Herbst wahnsinnig viel unterwegs auf Messen, wo wir auch viele gute Gespräche geführt haben. Aber klar, im Büro ist da einiges liegengeblieben und ich muss mal sehen, wie viel Freizeit dann noch bleibt. Aber die Wochenenden werden sicher je nach Wetter zum Klettern am Fels genutzt und ich würde mir wünschen, wie letztes Jahr an Weihnachten nochmal im T-Shirt am Fels klettern zu können. Wird es eher kalt und kommt Schnee in den Bergen, dann gehe ich mit meinen neuen Skiern auf die Piste und will auch gerne in die Welt des Tourengehens einsteigen – was komplettes Neuland für mich ist. Ein Traum wäre, mal wieder ein paar Wochen durch Neuseeland zu reisen, wo wir ja auch vor einigen Jahren die Idee zu Kaipara hatten. Dafür wird’s aber wohl nicht reichen, denn Mitarbeiter haben wir noch keine und das einzige, was man mit einem Onlineshop nicht machen kann, ist ihn für 3 Wochen zu schließen.

Veröffentlicht in Merinowolle.

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